Materia medica
Arznei als Abbild der Natur und Sinnbild
Jedes homöopathische Arzneimittel - und davon gibt es über 20.000! - hat viele unterschiedliche Facetten sowohl im körperlichen als auch im geistig seelischen Bereich. Diese Gesamtheit lässt eine Arzneipersönlichkeit entstehen und je besser man diese kennt umso mehr rundet sich das Bild und wird wie ein eigenes Wesen, das man in seinen verschiedenen Manifestationsebenen begreift und dann auch im Patienten wiedererkennt.
Dieser andauernde Vergleich mit all den Bildern und Persönlichkeiten, die man in vielen Schattierungen erlernt, erfahren und begriffen hat ist der diagnostische Prozess, der in einem Homöopathen fortwährend abläuft, während er mit seinem Patienten spricht und versucht diesen in seiner Individualität zu begreifen.
Ich erinnere mich, als ich mit meinem homöopathischen Freund Hans Bahr vor etwa 20 Jahren auf unseren Fortbildungen in München oder in Hamburg des Abends in und an Bars gesessen bin, und wir damals gemeinsam versuchten, die anderen Gäste homöopathisch zu erfassen mit ihrer Vergangenheit und ihrer Zukunft.
Ein homöopathisches Arzneimittel ist wie der Mensch vergleichbar einem Kristall. Ist der Bauplan bekannt, weiß man, welche Form der Kristall in seiner Grundform annehmen wird. Die genaue Form in ihrer großen Differenziertheit ist individuell, doch die Freiheit seiner Form ist beschränkt und so ist auch der Mensch in seiner Freiheit - beschränkt.
Kennt man ein homöopathisches Arzneimittel weiß man im Groben über Charakter und geistige Fähigkeiten genauso Bescheid wie über die körperlichen Probleme eines Menschen. Schwächen, Ängste und Stärken zeigen sich vor dem Hintergrund der bekannten Lebensarznei, dem Mittel seiner Konstitution, Person und Persönlichkeit.
Natürlich ist alles noch etwas schwieriger, denn der Mensch lebt und erlebt in einer permanenten Evolution. Diese Entwicklung und ihre Differenzierung findet sich auch in den Arzneimitteln wieder, die den Menschen in seinem Leben begleiten. Diese können sich ändern, werden aber mit den Mitteln des Anfangs verwandt sein.
Historische Homöographie
Aus biographischen Quellen lässt sich so rekonstruieren, dass die Beschreibung Agamemnons von Homer in seiner Ilias homöographisch gesehen auf die homöopathische Arznei Lycopodium hinweist:
Lycopodium ist ein Mittel / Mensch dem Macht alles bedeutet. Diese wird deshalb auch überall gesucht. Doch diese Suche hat eine tiefere Ebene: Hinter der Suche nach Macht steht Schwäche, Mangel an Selbstvertrauen, die Angst unfähig zu sein und zu versagen.