Eigenschaften des Selbst
Identität in der Medizin
Das Thema der Identität wurde in der Medizin überhaupt noch nie explizit als solches wahr genommen. Seit vielen Jahren beschäftige ich mich mit diesem Problem, das grundlegend ist für Krankheit und Heilung.
Krankheit als gefährdete Identität
Krankheit geht einher mit einem zunehmenden Identitätsverlust. Das bin nicht mehr das Ich, das ich kenne. Es verändert sich etwas in mir, in meinem Selbst. Wohin geht mein Ich? Was wird aus mir? Wo werde ich enden? Kenne ich mich dann noch? Was wird sein? Das sind Fragen, die Krankheiten mit sich bringen.
Konstitution als stabile Form des Selbst
Die alte Medizin, die noch den Begriff der Konstitution kannte, wusste - zwar unklar - um diese Grundfrage und ging ihr nach. Konstitution geht weit über Vordergründiges wie den Körperbau hinaus. Sie ist auch mehr als die Vorstellung von einem kräftigen oder zarten Wesen. Konstitution meint die Gesamtheit der überdauernden Eigenschaften eines Lebewesens. Sie versucht dabei die Individualität einzuschließen.
Ich bin wieder der Alte!
Diesen Satz kennt jeder, der Menschen behandelt. Ist Heilung erreicht, fühlt sich der Gesundete wieder als der der ihm bekannt ist. Ich bin wieder der, der ich war. Dorthin zurück geht die menschliche Sehnsucht. Immer wieder zurück zu einem bekannten und vertrauten Zustand, wann immer der einmal war.
Ich bin wieder der Alte! ist ein Aufschrei der Erleichterung sich selbst wieder zu erkennen.
Das Erkennen des Identitätsverlustes
Jemand der krank ist kennt tief im Inneren den Zweifel, der am Spiegelbild des Selbst nagt. Doch Selbsterkenntnis ist schwierig und angstbesetzt. Auch die Frage nach der Persönlichkeit geht am Problem vorbei. Denn Persönlichkeit und Identität sind nicht dasselbe.