Die Pest - der Schwarze Tod
Zur Geschichte und Entwicklung der Pest
Die erste Pestepidemie, die in der Geschichtsschreibung festgehalten wurde, und zwar von griechischen Geschichtsschreiber Procopius, war die Justinianische Pest, die in den Jahren 540 - 543 während der Regentschaft des oströmischen Kaisers Justinian begann und sich bald auf den gesamten Mittelmeerraum ausbreitete.
Der Ausbruch dürfte im Jahre 540 in Ägypten stattgefunden haben. Im Frühjahr 542 traten die ersten Fälle in Konstantinopel (das heutige Istanbul) auf, wo die Pest vier Monate wütete. Die Menschen starben schneller als sie verbrannt werden konnten. Am Höhepunkt der Pest starben in Konstantinopel 10.000 Menschen an einem Tag. Mit Ende des Ausbruchs in Konstantinopel war die Hälfte der Stadtbevölkerung verstorben. Bei einer Stadtbevölkerung von damals 500.000 Einwohnern geht man von 250.000 - 300.000 Toten aus.
Diese erste Pestepidemie war zugleich die erste Pandemie, weil sie die drei bekannten Kontinente der alten Welt betraf: Asien, Afrika, Europa und mit Arabien damit auch alle Kulturkreise.
Genaue Zahlen sind nicht bekannt aber die Forschung geht von 30 bis 50 Millionen Toten aus und damit etwa von einem Verlust von 25% der Bevölkerung im Mittelmeerraum.
Dennoch trat die Pest immer wieder auf und wie es scheint in einem 12 jährigen Rhythmus bis zum Jahre 770. Dann war Ruhe und das für lange 800 Jahre! Warum weiß niemand.
Der spezifische Bakterienstamm allerdings, der die Justinianische Pest ausgelöst hatte, war für den Erreger Yersinia pestis eine Sackgasse. Er hat nicht bis in die heutige Zeit überlebt.
Die zweite Pest Pandemie – Der schwarze Tod
Die Pest brach diesmalin Zentralasien aus. Die tödlichen Erreger gelangten wahrscheinlich über mit Pestflöhen verseuchte Pelze von Murmeltieren (die Träger der Zoonose in Asien) durch Pelzhändler über die Seidenstraße 1346 an das Kaspische Meer.
Als die Mongolen bzw. die Tartaren 1347 Kaffa, das heutige Feodosia auf der Krim belagerten, eineHandelsniederlassung Genuas am Schwarzen Meer, breitete sich in ihrem Heer die mitgebrachte Pest aus. Um die Stadt zur Kapitulation zu zwingen, ließen sie mit Katapulten ihre eigenen Pestleichen in die Stadt schleudern. Die Einwohner flohen auf dem Seeweg.
So erreichte von dort aus die Pest 1347erneut Konstantinopel, und im gleichen Jahr Messina auf Sizilien und Kairo. Im Juli 1348 erreichte der Schwarze Tod von Venedig ausgehend Trient und das Inntal. Bis 1353 war ganz Europa von der Pest überzogen.
Es gab einige Gebiete die weniger stark betroffen waren, so zum Beispiel Polen, weil König Kasimir der Große die Grenzen für Ausländer schloss und auch jede Stadt wurde abgeriegelte und isolierte.
Auch Mailand konnte durch strikte Quarantäne Maßnahmen einen stärkeren Ausbruch verhindern. So wurden bei Erkrankungen die Türen der betroffenen Häuser zugemauert. (Wie teilweise nach Berichten im Zuge des COVID-19 Ausbruchs auch in Wuhan). Dadurch starben in Mailand nur 15% der Bevölkerung, während es in Florenz 80% waren.
Annahmen von Historikern gehen von Opferzahlen zwischen 20 und 25 Millionen Toten aus, was einem Drittel der damaligen Bevölkerung Europas entspricht. Andere sogar von 50 bis 80 Millionen Toten.
Erste Globalisierung, Handel und Übertragung
Hochinteressant ist eine Schlüsselerkenntnis neuester Forschungen. Die Biologen Amine Namouchi, Nils Stenseth und Barbara Bramanti isolierten aus mittelalterlichen Pestopfern aus Norwegen, den Niederlanden, Frankreich und Italien fünf Pestgenome und vergleichen sie mit 126 aktuellen Gensequenzen von Yersinia pestis.
Dabei erweis sich ein Pest-Genom aus Bolgar (in der autonomen russischen Republik Tatarstan) als faktisch identisch mit Yersinia-pestis Genen aus Westeuropa.
Bolgar an der Wolga war ein Zentrum des Pelzhandels. Damit ist die Migration der Pest bewiesen. Der Pelzhandel war ein zentraler Übertragungsweg der Pest und die Globalisierung des Handels ein Promotor der Ausbreitung.
Die systemischen Folgen der kollektiven Angst
Die Pestpandemien mit ihren Millionen an Toten und ihren immensen Folgen für Kultur und Gesellschaft bleiben im kollektiven Gedächtnis verankert. Das kann viele der momentanen Corona Ängste erklären.
Das ist gut so. Denn ein Verdrängen der Geschichte ist ein verwegenes Unterfangen, deren Folgen schlimmer ist als die wenn auch schmerzliche Konfrontation mit unserer Vergangenheit.
Die Pest lebt und droht aus dem Hinterhalt
Allerdings ist und bleibt die Pest eine lebende Gefahr. Die gute Nachricht ist, dass Hygiene die Pest vermeiden lässt und dass die Pesterkrankung mit Antibiotika gut zu behandeln ist.
Dennoch starben beim letzten Pestausbruch beginnend im Jahre 2017 in Madagaskar mehr als 200 Menschen bei etwa 2.300 Infizierten.
Die schlechte Nachricht, die auch eine gute sein kann: Eine wirkliche Impfung gibt es trotz vieler Versuche noch nicht. Dennoch ist die Pest keine aktuelle Bedrohung. Das lässt sich auch für COVID-19 erhoffen, auch wenn die Entwicklung einer Impfung nicht in naher Zukunft möglich sein sollte.
Quellen:
Fordham University: Medieval Sourcebook: Procopius of Caesarea Ann Arbor, MI: University of Michigan Press, 1961, Richard Atwater; The Secret History;
Ker Than, for National Geographic, 2014: Two of History's Deadliest Plagues Were Linked, With Implications for Another Outbreak
Welt.de: Berthold Seewald 2015: Vulkane und die Pest führten zum Niedergang Roms, captured: 20.07.20
Wikipedia: Schwarzer Tod, captured: 20.07.20
Kleio.org: Die Geschichte der Pest, captured: 20.07.20
Welt.de: Geschichte: Florian Stark: Mit diesem Luxusgut kam die Pest nach Europa, captured: 20.07.20
Amine Namouchi, Meriam Guellil, Oliver Kersten, Stephanie Hänsch, Claudio Ottoni, Boris V. Schmid, Elsa Pacciani, Luisa Quaglia, Marco Vermunt, Egil L. Bauer, Michael Derrick, Anne Ø. Jensen, Sacha Kacki, Samuel K. Cohn, Nils C. Stenseth, Barbara Bramanti
Proceedings of the National Academy of Sciences Dec 2018, 115 (50) E11790-E11797; DOI: 10.1073/pnas.1812865115
Damals, Wissenschaft.de: Europäisches Massensterben, Der Schwarze Tod im 14. und 15. Jahrhundert , captured: 20.07.20
Spyrou, M.A., Tukhbatova, R.I., Wang, C. et al. Analysis of 3800-year-old Yersinia pestis genomes suggests Bronze Age origin for bubonic plague. Nat Commun 9, 2234 (2018). https://doi.org/10.1038
Geschichtsforum.de: Von der Pest verschonte Gebiete, captured: 20.07.20
Park, Y.H., Remmers, E.F., Lee, W. et al. Ancient familial Mediterranean fever mutations in human pyrin and resistance to Yersinia pestis. Nat Immunol (2020). https://doi.org/10.1038/s41590-020-0705-6
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