M-Ein-er Mutter Glaube

Mein Glaube

Ich glaube, dass die schöne Welt regiere ein hoher, weiser, nie begriffener Geist.

Ich glaube, dass Anbetung ihm gebühre; doch weiß ich nicht, wie man ihn würdig preist.

Nicht glaub’ ich dass der Dogmen blinder Glaube dem Hohen würdige Verehrung sei;

Er bildet uns ja, das Geschöpf vom Staube, von Irrtum nicht und nicht von Fehlern frei.

Ich glaube nicht, wenn wir von Kanzeln hören, der Christenglaube mache nur allein,

uns selig; wenn die Unduldsamen lehren „Verdammt muss jeder Andersdenker sein“.

Das hat der Meister, der einst seine Lehre mit seinem Blut besiegelt nie gelehrt;

Das hat fürwahr – dem Herrlichen sei Ehre – kein Jünger je aus seinem Mund gehört!

Er lehrte Schonung, lehrte Duldung üben, Verfolgung war der hohen Lehre fern;

Er lehrt’ ohn’ Unterschied die Menschen lieben, verzieh dem Schwachen, jedem Feinde gern.

Ich glaube an des Geistes Auferstehen, dass, wenn im Tod das matte Auge bricht,

geläuterter wir uns dort wiedersehen. Ich glaub’ und hoff’ es – doch ich weiß es nicht.

Und tret’ ich einst dann aus des Grabes Tiefen hin vor des Weltenrichters Angesicht

So wird er meine Taten strenge prüfen, doch meinen Glauben – nein, das glaub ich nicht!

Dieses Gedicht hörte ich von meiner Mutter oft und diese drei Zeilen haben sich mir am tiefsten eingeprägt:

Ich glaube, dass die schöne Welt regiere ein hoher, weiser, nie begriffener Geist

und

Das hat der Meister, der einst seine Lehre mit seinem Blut besiegelt nie gelehrt!

Meine Mutter konnte wunderbar Gedichte rezitieren, natürlich alles auswendig. Das sind Rhythmen, die sich einprägen in Seele und Erinnerung und auf die man zurückgreift, wenn die Schwaden des Zweifels aus dem Dunkel greifen. Und damit hat sie sich beschäftigt: Mit diesen Zweifeln und hat Karl Rahner gelesen und Teilhard de Chardin. Dafür liebe ich sie besonders. Sie war und ist Vorbild.

Ich bin überzeugt, man kann nur weitergeben, wovon man selbst überzeugt ist. Glaube und Überzeugung fehlen heute immer mehr in dieser Welt. Doch der Mensch braucht Sicherheit nach der er greifen kann. Doch er braucht die S-Ich-erheit in s-Ich selbst. Denn äußere Sicherheiten gibt es nicht.

Wen es interessiert, es gibt die komplette Version von "Mein Glaube" auf dieser Seite.

Bildnachweis: Marie Ellenrieder [Public domain], Bildnachweis: © Kevin Carden – stock.adobe.com, Photo by Greg Rakozy on Unsplash