Parsifal - durch Mitgefühl wissend
Parsifal und der Fischerkönig
Es ist für mich kaum möglich an Mitleid - Mitleiden - zu denken, ohne dass mir die Sagen vom Heiligen Gral und Parsifal in den Sinn kommen.
Chrétien de Troyes verfasste etwa im Jahr 1190 das Werk Li Contes del Graal (Le roman de Perceval), das unvollendet blieb. Etwa 20 Jahre später schrieb Wolfram von Eschenbach seinen "Parzival".
Der Stoff gehört zum Kreis der Arthussagen. Der ehemals tölpelhafte Perceval wird durch Fügung zum ritterlichsten Helden der Tafelrunde.
Auf der Suche nach dem Gral trifft Parsifal einen verwundeten und verstümmelten Fischer, der wegen einer unheilbaren Wunde in seinem Unterleib nicht stehen kann. Er kann, um seinen Lebensunterhalt zu bestreiten, nur in der Nähe seiner Burg fischen.
Dieser Fischer entpuppt sich als Hüter des Grals. Daher die Namen Fischerkönig, verwundeter König oder verstümmelter König. (In der Arthussage: Fisher King, also known as the Wounded King or Maimed King)
Die Gralsburg, der Kelch und die Lanze
Parsifal findet zur Gralsburg und erlebt eine Prozession, in der ein Kelch und eine blutende Lanze getragen werden. Höflich erlebt er alles mit, aber es widerstrebt ihm, aus falscher Rücksicht - aber getreu den ihm beigebrachten höfischen - höflichen Sitten, eine Frage nach dem Befinden des Fischerkönigs Anfortas zu stellen.
Die Schlüsselfrage „Oheim, warum leidest du?“
Aus der Burg verwiesen trifft er auf Kundry, die ihn wegen seines Versagens beschimpft und ihm eröffnet, dass die Frage nach dem Leiden den Fischerkönig von seinen Schmerzen erlöst hätte. Kundry hatte nämlich selbst ohne Erfolg nach einem Heilmittel für Anfortas gesucht.
Daraufhin macht sich Parsifal ein zweites Mal auf die Suche nach der Gralsburg.
„Die Schmerzensnacht wird helle.“
Anfortas, der einst von einer giftigen Lanze verwundet wurde, kann nur geheilt werden, wenn ein "reiner Tor" (ein kindliches reines Herz ohne Hintergedanken) die entscheidende Frage stellt: Warum leidest Du?
Parsifal, der "Reine Tor" ist "durch Mitgefühl wissend" geworden.
Durch die Frage: „Oheim, warum leidest du?“ und mit der Lanze, die Anfortas einst die Wunde geschlagen hat, kann Parsifal die unheilbare Wunde heilen, denn er hatte in einer Vision erkannt, was dem Gralskönig einst zugestoßen war.
Oh, wunden-wundervoller heiliger Speer!
Im Libretto von Richard Wagners Parzifal wird die Lanze mit diesen Worten besungen.
Denn der Speer, der die Wunde geschlagen hat, ist das zugleich das einzige Heilmittel für die Wunde.
Durch die innere Schau des Mitleids, des Mitfühlens - Empathie - hatte Parsifal den Weg der Heilung erkannt.
Parsifals Ankunft an der Gralsburg "The artist is unknown. [Public domain], via Wikimedia Commons"